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Favres schwerste Momente – Gladbach im unerklärlichen Tief

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Der Teufel ist auch im Fußball manchmal ein Eichhörnchen. Seit dem Antritt von Trainer Lucien Favre im Februar 2011 ging die Entwicklung bei Borussia Mönchengladbach steil bergauf, im Doppelpass mit Manager Max Eberl formte der akribische Schweizer aus einem Beinahe-Absteiger unter großem Beifall der Szene einen Champions-League-Teilnehmer. Vier Monate nach diesem Höhepunkt ist davon nichts mehr übrig.

Mönchengladbach kassierte in Bundesliga und Champions League fünf Niederlagen in Folge. Niemand weiß so recht warum – objektiv betrachtet haben weder Eberl noch Favre plötzlich begonnen, Fehler zu machen.

Das Personal allein gibt nicht die Antwort

Die „Elf vom Niederrhein“ schien trotz der Abgänge des kalten Vollstreckers Max Kruse (für zum VfL Wolfsburg) und des Dauerläufers Christoph Kramer (nach abgelaufener Leihe zu Bayer Leverkusen) stabil genug zu sein. Den Neuzugängen um Lars Stindl (Hannover 96) und Josip Drmic (Bayer Leverkusen) konnte absolut zugetraut werden, die Lücken zu füllen. Heute von schlechter Einkaufspolitik zu sprechen, wäre ein Hohn.

Auch die verletzungsbedingten Ausfälle von Kapitän und Abwehrchef Martin Stranzl, Neu-Nationalspieler Patrick Herrmann oder Verteidiger Alvaro Dominguez können und dürfen angesichts des eingespielten Kaders und des vorhandenen Potenzials in der Breite ebenfalls nicht als Erklärung für den Fehlstart herangezogen werden.

Vor einem Negativlauf ist wohl nur Bayern gefeit

So banal es klingt: Ähnlich wie Borussia Dortmund in der Hinrunde der abgelaufenen Saison scheint auch Mönchengladbach am „Fehlstart-Virus“ zu leiden. In Dortmund schlecht gespielt und verdient verloren, gegen Mainz und in Bremen unnötig Punkte liegen gelassen – und schon funktionieren die Automatismen nicht mehr, weil jeder Spieler auf einmal mit sich selbst zu kämpfen hat. Die Leichtigkeit weicht aus Kopf und Beinen und wird ersetzt durch Dumpfheit und Schwere.

Der derzeit vereinslose Trainer Mirko Slomka merkte am Dienstag in der Sky-Expertenrunde nach dem 0:3 beim Gladbacher Königsklassen-Comeback nach 37 Jahren beim FC Sevilla völlig treffend an, dass sein früherer 96-Schützling Lars Stindl derzeit nur „eine Hülle seiner selbst“ sei.

Jantschke: „Klar spielt der Kopf eine Rolle“

Selbst einem Muster an Zuverlässigkeit wie Ersatz-Kapitän Tony Jantschke unterliefen in Sevilla wie auch schon gegen den HSV am vergangenen Freitag (0:3) unerklärliche Aussetzer. Der 25-Jährige redete nicht lange drum herum: „Der Druck wird immer größer, je mehr Spiele man verliert. Und wenn man fünf Niederlagen in Folge kassiert, dann spielt auch der Kopf eine Rolle. Jeder von uns macht im Moment einfachste Fehler.“

Das gilt für die Defensive, wo die Gegentore oft selbst eingeleitet werden. Und für die Offensive, wo anstatt des gefürchteten Umschaltspiels nunmehr tempo- und risikoarmer Angsthasenfußball geboten wird.

Derby gegen Köln kann alles wenden – oder verschlimmern

Seit dem Amtsantritt von Erfolgstrainer Lucien Favre stand es nie bedenklicher um Borussia Mönchengladbach. Beim drohenden und letztlich abgewendeten Abstieg 2011 hatte das Team weniger zu verlieren als jetzt, Mitte September, wo man in der Bundesliga auf Platz 18 liegt und das Aus in der Champions-League-Todesgruppe mit den weiteren Gegnern Manchester City und Juventus Turin bereits vor Augen hat.

Die desaströse Leistung in der zweiten Halbzeit in Sevilla, das in der Primera Division nach drei Spieltagen noch sieglos ist, machte kaum Hoffnung auf Besserung. Diese ist aber bitter nötig aus Gladbacher Sicht: Am Samstag steht das Derby beim 1. FC Köln an, für die Fans ist es das wichtigste Spiel bis… naja, bis zum Rückspiel gegen den Erzrivalen.

Der FC, trotz des 2:6-Desasters bei Eintracht Frankfurt mit sieben Punkten gut aus den Startlöchern gekommen, lag der Borussia in der Vergangenheit wie kein anderer Gegner. In 99 Vergleichen behielt Mönchengladbach 51-mal die Oberhand, dem FC gelangen lediglich 28 Siege. Der letzte Kölner Erfolg liegt knapp sieben Jahre zurück (2:1 in Mönchengladbach im Oktober 2008), der letzte Heimerfolg gar eine Dekade (2:1 im September 2005). Für Köln-Fans war die Erfolgsaussicht für eine Heimsieg-Wette wohl lange nicht mehr so vielversprechend.

Favre: Erinnerungen an Hertha BSC werden wach

Auch bei einer Niederlage wäre der Kredit von Lucien Favre wohl noch groß, der Glaube an den Turnaround im besonnenen Umfeld sicherlich weiterhin vorhanden. Immerhin blieben Unmutsbekundungen selbst nach der Klatsche gegen den HSV aus.

Allerdings muss der 57-Jährige beweisen, dass er im Krisenmanagement gegenüber der Saison 2009/10 zugelegt hat. Damals legte der dünnhäutige Schweizer mit Hertha BSC einen klassischen Fehlstart mit drei Punkten aus den ersten sieben Spielen hin und ging halb freiwillig. Auch damals deutete nach Platz vier aus der Vorsaison und der lange vorhandenen Chance auf die Meisterschaft 2009 vor Saisonstart nichts auf eine Krise hin.

„Unsere Mannschaft ist momentan nicht vergleichbar mit der, die wir im Frühjahr hatten“, sagte Favre am Dienstag. Er meinte damit die Leistung, weniger das Personal. Diese wieder herauszukitzeln, liegt in seinem Arbeitsbereich.


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